Rost-Schreck & Rosen-Huus


Projekte gegen den Leerstand: Wie Geschäftsleute mit innovativen Vorstellungen für Friedrichstadt punkten wollen

Von Karin Rohr

 

FRIEDRICHSTADT Wer sich in „Die Höhle der Löwen“ begibt, ist nicht auf den Kopf gefallen: Er stellt sich beim TV-Sender Vox mit einer Geschäftsidee vor, für die ihm das nötige Kleingeld fehlt, und versucht dort in einer illustren Runde zahlungskräftiger Unternehmer einen Investor zu finden.

 

Genau dies hat Oliver Rokitta getan: Seine Vorstellung eines Haushaltshelfers gegen Flugrost in der Geschirrspülmaschine kam offensichtlich an. Seither sei „Rokittas Rostschreck“ mit 1,3Millionenverkauften Exemplaren pro Jahr international auf Erfolgskurs, so der Erfinder. Nicht zuletzt in Friedrichstadt. Denn: „Hier gibt es den weltweit einzigen Löwenshop mit vielen Erfindungen aus der populären Fernsehsendung“, erzählt Inhaber Oliver Rokitta stolz.

 

Ein Pop-up-Store, der in der Grachtenstadt eine Lücke füllt. „Pop-up-Stores sind für kleine Städte ein innovatives Instrument“,weiß Stadtmanagerin Kerstin Lamp: „Sie bieten die Chance, Leerstand zu besetzen und ein bisschen zu experimentieren,ob das Angebot ankommt.“

 

Die Stadtmanagerin hat gleich doppelten Grund, sich zu freuen, befindet sich doch auf dem historischen Marktplatz, Tür an Tür mit dem Löwenshop, das Rosen-Huus, mit dem der Schweizer Daniel Sidney Batt und seine Frau Carola ebenfalls neue Wege beschreiten. „Mit ihren Ideen setzen diese Geschäftsleute neue Akzente“, findet Lamp. Solche Leuchtturm-Projekte hätten große Ausstrahlungskraft: „Sie zeigen, wie wir hier Wohnen und Arbeiten verknüpfen können.“ Hinzu kommt ein idealer Standort: Der Marktplatz ist zentraler Anziehungspunkt für Einheimische und Touristen und beide Geschäfte sind in markanten, frisch renovierten Treppengiebelhäusern untergebracht,die zu den meist fotografierten Objekten Friedrichstadts zählen.

 

Für Oliver Rokitta und seine Frau Nadin ist der Löwenshop nur „Durchgangsstation“, eben ein zeitlich begrenztes Pop-up-Unternehmen: Sie haben weiterführende Pläne. „Der Löwenshop wird online fortgesetzt, wenn wir hier nach einer Umbaupause Im Dezember, Rokittas Kaffee-Rösterei und Handelshaus 1621‘ einrichten“, berichten die beiden Stuttgarter. Schon die Hausmarke, zwei Schwäne und eine Waage, verrate: „Hier war schon immer ein Handelshaus“, sagt Oliver Rokitta. Das Ehepaar will parterre künftig Manufakturprodukte anbieten – „von Menschen, die wir kennen, mit Waren, hinter denen keine Industrie oder Handelskette steckt“. Ein kleines HofCafé ist hinter dem Haus vorgesehen, und im ersten Stock wollen die Rokittas typisch holländische Snacks anbieten. Der angrenzende Saal soll für Events genutzt werden.

 

Eine Konkurrenz zur Kajüte in Friedrichstadt sehen die beiden nicht, eher eine Ergänzung: „Wir sprechen uns ab, öffnen nur tagsüber und werden die Veranstaltungen auf Abende legen, an denen die Kajüte geschlossen ist.“ Forum für Künstler Kommunikation und Kooperation – das ist nicht nur Nadin und Oliver Rokitta wichtig, auch dem Ehepaar Batt liegt beides am Herzen.

 

Deshalb bieten sie im Rosen-Huus nicht nur Produkte rund um das große Themen Rosen an, sondern geben auch heimischen Künstlern und Galeristen ein Forum. Unentgeltlich. Der Erlös geht zu 100 Prozent an die Künstler. „Wir wollen etwas für Friedrichstadt tun“, sagt Daniel Sidney Batt. Bislang sind die Keramikerinnen Doreen Stümpel und Maria Ziaja mit von der Partie und die Galerie Grünlich. „Aber im Prinzip hat jeder Künstler die Möglichkeit, sich hier zu präsentieren, wenn das Angebot passt und das Thema Rosen bedient wird“, erklärt Batt. Seine Idee: „Gemeinsam etwas auf die Beine stellen.“ Er kam mit seiner Frau per Zufall nach Friedrichstadt, verliebte sich in den Ort und das Haus, das zum Verkauf stand, und machte spontan Nägel mit Köpfen. „Dann habe ich geschaut,was läuft und was nicht und kam so auf das Thema Rosen“, erzählt der Finanzplaner und Unternehmensberater. „Aber es muss sich dann alles um Rosen drehen.“ Eigentlich habe er das Rosen-Huus für Touristen gedacht, doch: „Die besten Kunden sind die Einheimischen“, hat er festgestellt. Das sei für ihn „reine Freude“. Denn die Zukunft der Grachtenstadt sieht der gebürtige Baseler nicht allein im Tourismus: „Wir brauchen hierjunge Familien. Ihnen hat Friedrichstadt viel zu bieten. Aber wir

müssen ein Angebot machen.“

 

Mit einer Unternehmensberatung im ersten Stock seines Rosen-Huus möchte Batt „unterstützend wirken“. Er habe schon immer Start-ups begleitet und will weitgehend kostenfrei arbeiten. Bei Lamp dürfte der Schweizer mit seiner Idee offene Türen einrennen, hat die Stadtmanagerin doch unlängst beim Thema Zukunftsstadt Friedrichstadt gesagt: „Wir brauchen dringend junge Familien.“ Am liebsten Familien, die hier wohnen und arbeiten.

 

Am 4. September startet bei Vox eine neue Staffel der Serie „Die Höhle der Löwen“. Eine Gründerstory zu Oliver Rokitta und seinem Löwenshop in Friedrichstadt wird am 11. September ausgestrahlt.